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Autorenbildmichael marquart

Ad libitum

Die Anzahl der Menschen, die sich in Vereinen regelmäßig engagieren und verbindlich mitmachen, wird immer weniger. Um Mitglieder zu gewinnen sind Vereine gefordert, neue Wege zu gehen. Dazu kann auch zählen, möglichst viel Flexibilität im Rahmen der Vereinstätigkeit anzubieten. Stellen Sie sich dabei folgende Werbeslogans vor:


  • „Wir brauchen SIE! Engagieren Sie sich in unserer Freiwilligen Feuerwehr – Ihr Vorteil bei uns: Übungen und Einsätze gestalten Sie variabel“.


  • „Bewegung hält gesund! Machen Sie bei uns mit– aber ohne Zwang: Kommen Sie in unsere wöchentliche Gymnastikgruppe immer dann, wenn Sie Lust haben“.

  • „Sie wollten schon immer ein Blasinstrument spielen? Wir richten uns nach Ihrem Terminkalender. Unser Musikverein bietet Ihnen Probezeiten und Auftrittstermine nach Vereinbarung.“


  • „Sie sind ein Fußball-Talent und wollen in einer Top-Mannschaft kicken? Dann sind Sie bei uns richtig. Der Clou: Wir trainieren nur alle zwei Wochen oder je nach Bedarf.“


Diese kuriose Auflistung ließe sich weiter fortsetzen. Sie merken: diese Beliebigkeit lässt sich in den genannten freizeitlichen Betätigungen kaum oder überhaupt nicht realisieren. Der eigentliche Zweck oder das angestrebte Ziel können nur mit regelmäßigem und stetigem Üben erreicht werden.


Bei Chören indes scheint das aber auf den ersten Blick zu funktionieren. Die Gedanken zu diesem Blog kamen mir, als ich eine Werbung zur Neugründung eines Chores gesehen hatte. Darin wurde versucht, es den potenziellen Sängerinnen und Sängern als Vorteil schmackhaft zu machen, dass keine wöchentlichen Proben über das ganze Jahr hinweg stattfinden, sondern auf Basis von Projektarbeit einstudiert wird.


Und ich muss eingestehen: Auch bei der Gründung unseres jungen Chores haben wir herausgestellt, dass es keine wöchentlichen Proben gibt, sondern bestenfalls alle zwei Wochen und mit Möglichkeit des Selbststudiums.


Angesichts meiner obigen nicht ernst gemeinten Aufzählung frage ich mich aber mittlerweile, ob es sich die Chöre bei der Mitgliederwerbung mit gutgemeinten 'Flexi-Mitgliedstarifen' nicht zu einfach machen und damit sogar den Anspruch an das eigene Hobby, das Singen, herabsetzen. Gleichermaßen stellt sich die Frage, welche weitere Vorteile regelmäßige wöchentliche Zusammenkünfte, zum Beispiel für bessere soziale Kontakte und ein gut funktionierendes Vereinsleben, haben können.


Ad libitum ist in der Musik eine Vortragsbezeichnung. Sie bedeutet, dass bestimmte Stellen in einem Musikstück ‚nach Belieben‘ interpretiert werden können. Dort kann diese Flexibilität angebracht und passend sein. Ad lib. in einem Verein mitzumachen jedoch wird mangels Überzeugung und Begeisterung auf Dauer kaum zur vollen Zufriedenheit und einer tragfähigen Basis führen.

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